Kinderuntersuchung
Kinderuntersuchung
Die augenärztliche Untersuchung von Kindern stellt oft eine große Herausforderung für alle Beteiligten, insbesondere der kleinen Patienten, dar. Sie ist dennoch enorm wichtig, da schwere viele Sehfehler frühzeitig korrigiert werden müssen, um eine dauerhafte Schwachsichtigkeit zu vermeiden. Bei hochgradigem Verdacht auf einen Sehfehler ist trotz aller Geduld, Einfühlungsvermögen und Zusammenarbeit mit den Eltern eine Untersuchung in Narkose manchmal nicht zu umgehen. Bei den vorgeschriebenen U-Untersuchungen werden immer auch die Augen und das Sehvermögen beurteilt (z.B. in einer Kindersehschule). Dies ist jedoch nur eine kurze „Momentaufnahme“.
Da v.a. Säuglinge und Kleinkinder Beschwerden nicht äußern können oder bei angeborener Erkrankung gar nicht wissen, was der „Normalzustand“ ist, kommt den Eltern die wichtige Aufgabe zu, die Sehentwicklung ihres Kindes aufmerksam zu beobachten und eventuelle Abweichungen untersuchen zu lassen.
Dafür ist es wichtig, einige grundlegende „Meilensteine“ zu kennen (grobe Orientierung, individuelle zeitliche Varianz möglich!)
- GEBURT: Zum Zeitpunkt der Geburt ist das kindliche Sehsystem zwar vollständig vorhanden, aber noch nicht komplett funktionsfähig. Das Sehen, insbesondere die Koordination von Auge und Gehirn muss gelernt werden. So beträgt die Sehschärfe (Visus) lediglich 10% von der eines voll sehfähigen Erwachsenen. Auch Farben oder schwache Kontraste können nicht unterschieden werden. Räumliches Sehen ist ebenfalls kaum vorhanden
- in den ersten 6 LEBENSMONATEN beginnt das Kind, Menschen und Objekte gezielt anzuschauen und nimmt Blickkontakt auf.
- Wichtig: Kinder, die schlecht sehen, wenden der Mutter oft das Ohr zu (Orientierung über Hören) und das Gesicht ab!
- bis zum 1. LEBENSJAHR wird Blickkontakt auch über mehrere Meter gehalten, das Kind greift nach Spielzeug und begutachtet dies. Es beginnt, sich für Bilder, Mimik und Kommunikation zu interessieren.
- im 2. LEBENSJAHR entwickelt sich die Augen-Hand-Koordination und wird immer feiner, das Kind erkennt Personen und Gegenstände wieder, es malt, kann in Büchern blättern und Türme bauen
- bis zum 36. LEBENSMONAT ist das Farbensehen vollständig ausgebildet
- bis zum 48. LEBENSMONAT können Objekte vom Hintergrund unterschieden werden, das Kind kann Einzelheiten genauer wahrnehmen und damit z.B. Buchstaben erkennen
- zwischen 3-6 JAHREN bilden sich räumliches Sehen und die Fähigkeit zur Konstruktion z.B. von komplexeren Spielarrangement aus
Diese Entwicklung kann durch gezielte Stimulation gefördert werden. Bei starker Entwicklungsverzögerung sollte unbedingt ein Augenarzt aufgesucht werden. Auch Auffälligkeiten am Auge, z.B. Schielen, Augenzittern, ein fehlender Rotaugeneffekt auf Fotos oder eine Trübung der Augenlinse müssen ärztlich begutachtet werden. Nach jedem Unfall mit Augenbeteiligung ist ebenfalls eine sorgfältige Untersuchung angezeigt.
Zur Untersuchung der Kinder gibt es spezielle Hilfsmittel.
Bereits Kinder ab 2 Monaten blicken, wenn man ihnen beide Möglichkeiten zeigt, lieber auf einen gemusterten Papierstreifen, als auf einen grauen (preferential looking). Ab 2 Jahren kann spielerisch eine erste Bilderkennung durchgeführt werden (ein Bild muss erkannt werden, gelingt dies, so ertönt eine Musik). Erste Sehtests sind ab 4 Jahren möglich (z.B. Öffnungsrichtung von E-Haken bestimmen). Farb- und 3D-Sehen werden ab 3 Jahren mit „Erwachsenentests“ gemessen.
Bei Verdacht auf eine Fehlsichtigkeit kann ab 3,5 Jahren ein Refraktometer eingesetzt werden. Ein moderneres Verfahren, der sog. beidäugige Visionscreener, kann bereits ab 6 Monaten eingesetzt werden. Im Verlauf ist dann zwar noch eine Untersuchung in Zykloplegie (nach Gabe erweiternder, oft unangenehm brennender Augentropfen) erforderlich, man kann jedoch schon frühzeitig schwere Sehfehler erkennen und behandeln.